George Packer: „Kalter Bürgerkrieg“

Nah dran und weitblickend: In seinem Essay „Die letzte beste Hoffnung“ analysiert US-Journalist George Packer den Zustand der USA im Jahr 2020, nach Donald Trump und während der Pandemie.

Ein Virus macht alle gleich, hieß es in den vergangenen Monaten immer wieder. Es unterscheide nicht zwischen geografischen Grenzen, politischer Haltung oder sozialer Klasse. Doch die Pandemie verschärfte die Ungleichheit drastisch, wie George Packer in seinem eindringlichen Essay „Die letzte beste Hoffnung“ feststellt. Nachvollziehbar und in verständlicher Sprache zeigt der kalifornische Journalist auf, wie die Vereinigten Staaten in den letzten Jahren zerfielen – und zwar in vier Amerikas.

Ein Land, vier Welten

Da ist zunächst das „Freie Amerika“, dessen Ursprünge in der Ära von Präsident Ronald Reagan in den achtziger Jahren liegen. Damals entstand eine wohlhabende, konservative Elite. Das „Smarte Amerika“ wiederum sind gebildete Kosmopoliten – eine Gruppe, zu der sich der 61-jährige Autor selbst zählt. Sie bilden eine Art moderne Aristokratie hochqualifizierter Fachleute, denen Packer die breite Mittel- und Arbeiterschicht gegenüberstellt, das „Wahre Amerika“: Weiße, christliche Nationalisten, die „das Establishment“ verachten.

Ihr Elitehass wird durch die politische Korrektheit des „Gerechten Amerikas“ befeuert. Junge, urbane Amerikaner, die sich gegen die selbstgefällige Leistungsgesellschaft auflehnen und soziale Ungerechtigkeiten wie strukturellen Rassismus anprangern, während Schwarze und Latino Amerikaner durch diese Raster fallen und quasi unsichtbar werden.

Zerrüttete Gesellschaft

Wie konnte es dazu kommen? Verständlich und durchaus selbstkritisch deckt Packer, der mit seiner Familie auf dem Land wohnt, die politischen und gesellschaftlichen Versäumnisse der letzten Jahrzehnte auf, die durch die Pandemie gnadenlos ans Licht gezerrt werden. Er streift brisante Themen wie Konsumgesellschaft, Klimawandel und Klassenkampf.

Das Problem: Diese vier Amerikas haben sich voneinander entfremdet und verharren in ihren jeweiligen Blasen. „Jede Seite betrachtet die andere als den Feind schlechthin, jeder Kompromiss käme einem Verrat gleich.“ Die Fronten sind verhärtet, Packer spricht sogar von einem „kalten Bürgerkrieg“.

Auch wenn er keine stringente Lösung parat hat, gelingt George Packer eine weitsichtige Analyse der jüngsten Vergangenheit US-amerikanischer Geschichte. Gleichzeitig ist „Die letzte beste Hoffnung“ ein leidenschaftliches Plädoyer für die Demokratie.

Die Buchrezension erschien im Kulturtipp.

Foto: Unsplash/Patrick Tomasso